SCHNEIDERKREIDE
Ursprünglich hatte ich vor einigen Jahren zwei alte Kreidestücke fotografert, um damit eine Schneiderin zu erfreuen. Als Geschenk für ihr Atelier. Mit der Zeit fand ich immer mehr Gefallen an diesen beiden Motiven. Ich machte mich auf Flohmärkten und bei ebay auf die Suche nach weiteren Kreiden mit anderen Farben und Prägungen.
Wie so oft blieb auch bei dieser Serie mein Blick an einem sehr unscheinbaren Alltagsgegenstand hängen. Zart, zerbrechlich, schmutzig, ohne großen Wert. Vielen unbekannt, und für manche eine Erinnerung aus Omis Nähkasten. Wenn ich solche Dinge dann aus dem Kontext nehme, ihnen einen eigenen ‚Raum‘ gebe und stark vergrößert abbilde, wird ihre schrabbelige Schönheit auch für andere erkennbar.
Ein Teil dieser Fotoarbeiten war bereits im September 2017 bei den Offenen Ateliers zu sehen. Ich habe mich riesig über die tolle Resonanz gefreut.
Denn die Absicht bei meinen freien Arbeiten besteht ja nicht darin, mich motivlich beim Betrachter anzukuscheln, seinem Geschmack zu folgen oder gar anzubiedern. Ich bilde ab, was ich persönlich schön finde und als sehenswert erachte. Es würde sonst auch nicht funktionieren. Ich brächte kein Bild zustande, wenn mein Gefühl dahinter nicht ehrlich wäre. Mir geht es dabei auch nicht um Vollständigkeit. Ich bin kein Sammler, kein Archivar immer gleicher Gegenstände, kein Chronologe. Viel mehr suche ich in ganz unterschiedlichen Kontexten die gleiche Essenz: Das Schöne im Unscheinbaren, die Ästhetik im Unperfekten, den Reichtum im Wertlosen…
Umso mehr begeistert es mich, wenn die Besucher meiner Ausstellungen etwas in diesen Gegenständen erkennen, meinen Blick teilen und überrascht sind ob der neuen Ansichten. Und machmal werde ich auch ganz still vor Freude, wenn sie ein Bild zu sich nach Hause holen, um es sich oder einem anderen Menschen zu schenken.